Die Flagge von St.Kitts und Nevis

Carnival in St. Kitts

St. Kitts, eine Perle abseits der Route

Um ausgelassen mit der einheimischen Bevölkerung karibischen Carnival zu feiern, muss man nicht unbedingt im Februar in Trinidad sein. Auf unserer Reise durch die Karibik hat uns der Wind eher zufällig am 29.12.2006 nach St. Kitts geweht. Die Insel wurde von Kolumbus auf seiner zweiten Reise 1493 entdeckt und er nannte sie St. Christopher, so wie sie auch heute noch auf vielen Land- und Seekarten bezeichnet ist.

St. Kitts liegt 40 Sm westlich von Antigua. Oft wird die Segelroute von Guadeloupe über Antigua nach St. Maarten gewählt, da bleibt St. Kitts schlichtweg links liegen. Ein Kleinod, für das es sich lohnt, die ausgetretenen Pfade zu verlassen. In der warmen Nachmittagssonne liegt die Insel mit ihrem zerklüfteten lang gestreckten Bergrücken und dem Vulkankegel vor uns. Nach dem kräftigen Regenschauer sehen die zartgrünen Zuckerrohrfelder wie schimmernde Tücher aus, die bis hoch hinauf zum Vulkankegel drapiert wurden. Die Zuckerrohrpflanze prägte seit dem 17. Jahrhundert das Bild der Kulturlandschaft. Die Plantagenbesitzer steckten enorme Reichtümer in ihre Landsitze. „Heute, nach der Krise des Zuckers, wurde der Zuckerrohranbau verstaatlicht und das Zuckerrohr wird nur noch zur Rumherstellung geerntet,“ so erzählt es uns unser Inselführer „Seamoosman“.  Die Landsitze werden als smarte kleine Hotels genutzt. Die Schmalspureisenbahn, Scenic Railway, die für den Transport des Zuckerrohrs gebaut wurde, führt rund um die Insel, wird ebenfalls nur noch als Touristenattraktion für Inselrundfahrten genutzt. Den Nationalvogel, Brown Pelican, und der Nationalpflanze, dem Flamboyant (engl. Poinciana) begegnen wir überall auf der Insel. Weil heute Sonntag ist, wird natürlich in allen Kirchen und davon gibt es viele in St. Kitts, Gottesdienst abgehalten. Wir kommen auf unserer Rundfahrt über die Insel an der „Church of God“ vorbei und hören wirklich laute Musik, Singen und Klatschen. Da will ich doch mal reinschauen, wie da Gottesdienst gefeiert wird. Unvorstellbar für europäische Verhältnisse, die ganze Gemeinde klatscht, tanzt und singt laut und fröhlich und preist den Herrn. Eine Vorsängerin animiert auch uns, kräftig mitzumachen und von allen Seiten wird uns mit Handschlag „God bless you“ gewünscht. Ein Erlebnis, das unter die Haut geht.

St. Kitts wird gerne als „Mutterkolonie der Karibischen Inseln bezeichnet, weil die Engländer und Franzosen 1623 von hier aus die anderen Antilleninseln besiedelt haben. Sie stritten mehrfach heftig um die Vorherrschaft auf der Insel, bis England im Frieden von Versailles 1783 endgültig den Zuschlag bekam. Auf einem 200 Meter hohen Felsen an der Nordwestküste erhebt sich das „Brimstone Hill Fortress“, eine Festungsanlage der Briten, auch das Gibraltar Westindiens genannt. Mit dem Ausbau der Anlage wurde 1690 begonnen, nach der Belagerung und dem Angriff der Franzosen 1782 und dem Gegenangriff der Engländer 1 Jahr später gelangte dann England endgültig in den Besitz der Festung und baute sie umfassend aus. Die Festung wurde danach aber nicht mehr angegriffen. Wir können eine beeindruckende Zitadelle mit Wehrmauern und Bastionen, die noch mit Kanonen bestückt sind, bewundern. Über mehrere Terrassen erstreckt sich die Anlage, man kann noch Reste der Soldaten- und Offiziersunterkünfte, das Hospital und die große Zisterne sehen. Die Festung war autark, das benötigte Wasser wurde auf mehreren Ebenen aufgefangen und in Zisternen gespeichert. Durch einen tragbaren Mediaplayer hören wir die gesamte Führung sogar in deutscher Sprache. (Eintritt 8 US$+ Player 3 US$) www.brimstonehillfortress.org .

Gottestdienst in der Church of God
Uhrenturm
Die Moko Jumbies
Renate, Gerdi und Ulli

Das Gedränge wird zunehmend dichter und immer wieder sehen wir neue Gruppen in schillernden Kostümen, die viel braune Haut zeigen. Die Cocolos of Dominican Republic sehen mit ihren Pfauenfedern sehr exotisch aus. Die Maquerades sind mit bunten Bändern an den Armen geschmückt und die Bulls führen sich wie wild gewordene Stiere auf. Mittlerweile ist es dunkel geworden, Strahler erhellen die Straßenkreuzungen und unermüdlich ziehen die Gruppen hinter den Wagen mit den Musikkapellen her durch die Straßen der Hauptstadt Basse Terre. Die Menschenmasse wird immer dichter, es gibt kein vorwärts kommen mehr und die Menge wogt wie eine riesige Welle im Rhythmus des Musik. So etwas haben wir noch nie erlebt. Um uns herum nur einheimische Schwarze, ich denke wir sind die einzigen Weißen an diesem Abend. Immer wieder werden wir angesprochen und gefragt: „You enjoy our Carnival?“ Ja, wir haben uns schon lange nicht mehr so sicher und ausgelassen feiern können. An den Grillständen sind die herrlich „spicy“ Hühnerbeine fertig und für 5 XCD (1,70 €) wird man da fürs erste Mal satt. Das Caribe-Bierchen kostet 3 XCD (1 €),  diese Preise sind für die Kittitans gemacht und nicht für die Kreuzfahrt-Touristen, die normalerweise hier fast täglich die Stadt überfluten. Dieser Abend wird lange in unserer Erinnerung bleiben.

Als hätte jemand einen Sack ausgeschüttet, so füllen sich die Straßen mit Menschen, plötzlich sind sie alle da, die Kittitian, die Einwohner von St. Kitts - junge Leute, Familien mit Kindern -  Oma und Opa – alles was laufen kann. Sie sind nicht etwa maskiert oder kostümiert, nein, alle haben ihr bestes Sonntagsgewand an. Die Kinder müssen sofort ihren Luftballon, Schleckereien und was zum Trinken haben, so wie bei uns zuhause beim Volksfest auf dem Wasen. Jetzt marschiert auch schon die erste kostümierte Gruppe in traditionellen Kostümen, die Clowns, hinter dem Musikwagen her, der bereits zum 2. Mal an uns vorbeifährt. Dann kommen auf hohen Stelzen die Moko Jumbies um die Ecke. Die Gombeys of Bermuda mit ihren grünen Masken sehen schon sehr karibisch aus. Zu den heißen karibischen Rhythmen wird getanzt, immer wieder kommt der Umzug ins Stocken und weitere Gruppen stoßen in einem Sternmarsch dazu und schließen sich dem Zug an.
Hier am berühmten Uhrenturm von Basse Terre geht in zwei Stunden der Punk ab. Renate, Gerdi und Ulli können das noch nicht glauben, Die Wagen mit den Bands werden mit Traktoren gezogen und jeder hat seine Energieversorgung, teilweise mehrere riesige Generatoren dabei
Der grüne Abhänger liefert die Energie für die riesigen Lautsprechertürme
Der Gottesdienst in den Kirchen der Karibik läuft ganz anders ab als in Deutschland, gesungen wird immer, jedoch getanzt wir nur in den Sektenkirchen
Ob groß, ob klein, ob jung ob alt, alles springt mit, der Carnival ist die Attraktion des Jahres und findet immer über den Jahreswechsel statt. Am 02. Januar geht es in die letzte Runde
Diese Festung wurde zwischen Franzosen ind Engländern hart umkämpft und wechselte mehrmals den Besitzer
DIe Schmalspurbahn, neben Kuba, die einzige der Karibik dient heute nur noch dem Fremdenverkehr.
Festung Brimstone, die obere Bastion
ehemalige Zuckerrohrtransportbahn
In Basse Terre, der Inselhauptstadt, ist der britische Einfluss unverkennbar. Ein Blickfang vom Treasury Building aus ist der Uhrenturm, das Thomas Berkeley Memorial, kleine Geschäfte schließen sich an und die roten Telefonzellen runden das Bild einer englischen Stadt aus der Kolonialzeit ab. Seamoosman erzählt uns, dass der Carnival in dieser Woche stattfindet und dass der wichtigste und gleichzeitig letzte Tag des Carnivals der 2. Januar ist. Beginn des Umzugs soll um 14.oo Uhr sein und das ganze Spektakel soll bis in die Nacht hinein dauern. Können wir als Touristen denn nachts auf der Straße herumlaufen, ist das denn nicht ein Sicherheitsrisiko? Da können wir ganz beruhigt sein, erklärt uns ein Polizist auf unsere Frage. Wir hätten da nichts zu befürchten, hier wird mit der ganzen Familie Karneval gefeiert und das Sicherheitsaufgebot ist gerade wegen des Carnivals verstärkt worden. Der Carnival in St. Kitts ist der einzige in der Karibik, der die Stimmung von Weihnachten mit der farbenprächtigen Zurschaustellung der nationalen Kultur und dem afrikanischen Erbe mischt. Na, dann nichts wie hin, dieses Schauspiel lassen wir uns nicht entgehen. Um wirklich nichts zu versäumen, machen wir uns bereits um 13.oo Uhr mit unserem Dingi zum Fischerhafen auf, der etwa 1 km vom Zentrum entfernt ist. Nach einem Fußmarsch entlang der Uferpromenade sind wir dann bald beim Thomas Berkeley Memorial, dem zentralen Platz „the Circus“. Wenn was abgeht, dann muss es hier vorbeikommen, doch bis jetzt ist noch alles ganz ruhig und das bleibt auch für die nächsten 2 Stunden so. An den Straßenrändern sind bzw. wird im Abstand von einigen Metern ein Getränkeverkaufsstand nach dem anderen aufgebaut. „Wer soll denn das alles kaufen,“ fragen wir uns, es ist ja keine Menschenseele da und von einem Umzug ist bis jetzt auch nichts zu sehen. Das wird ja eine traurige Angelegenheit werden. Wir holen uns erst mal ein Bierchen, lassen uns auf einer Bank nieder und harren der Dinge. Abwarten und Zuschauen, wir haben ja Zeit. Vielleicht ist es hier wie überall in der Karibik, mit den Terminen darf man es nicht so genau nehmen, 14.oo Uhr kann auch 16.oo Uhr oder später sein. Entlang der Bay Route, der Uferstraße, werden schon mal die Barbeque Grills angeheizt, die Salat- und Fleischschüsseln zurechtgerückt und alles für einen Massenansturm vorbereitet. Für wen auch? Um ½ 4 Uhr geht’s dann ganz allmählich los. Der erste Wagen mit riesigen Lautsprechern und Musikkapelle fährt an uns vorbei. Da kommt bei uns schon mal etwas gute Laune auf und wir bewegen uns im Rhythmus mit.
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